Mit höheren Lärmwerten nachts wollen Bundesumwelt- und Bundesbauministerium mehr Wohnen in Innenstädten ermöglichen. Doch der Entwurf für die Technische Anleitung (TA) Lärm enthält so viele Fallstricke, dass der Erfolg fraglich scheint. Das Bundesumweltministerium hat nach langen Diskussionen den Entwurf für eine überarbeitete Lärm-Richtlinie vorgelegt, mit denen Wohnungsbau in Innenstädten erleichtert werden soll.
Er sieht vor, dass in bestimmten Bereichen nachts höhere Lärmwerte gelten dürfen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Konkret sollen dem „Entwurf einer Zweiten Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ zufolge die Immissionsrichtwerte nachts außerhalb von Gebäuden in urbanen Gebieten von 45 dB(A) auf 50 dB(A) angehoben werden und in Kern- und Mischgebieten auf 48 dB(A). In allgemeinen Wohngebieten sollen sie bei 43 dB(A) liegen. Der Entwurf liegt der Immobilien Zeitung vor. Die Regeln sollen zunächst bis Ende 2032 gelten, wie es weiter heißt.
Der Vorschlag für die flexibleren Lärmwerte sei „eine zeitlich begrenzte Regelung zur Flexibilisierung der Vorschriften im Hinblick auf Lärmkonflikte“, so das Ministerium, „um auch auf diesem Wege die benötigte Mobilisierung von Flächenpotentialen für ein Mehr an Wohnungsbau zu unterstützen“. Allerdings kann die neuen Möglichkeiten nur nutzen, wer vier Vorgaben erfüllt: Beim Grundstück, auf dem gebaut werden soll, muss es sich um eine Brache oder Baulücke handeln. Die Bauherren müssen spezielle Fenster ähnlich dem „Hamburger Fenster“ einbauen, die vor Lärm schützen. Die Extrakosten dafür schätzt die Bundesregierung auf 2.000 bis 3.000 Euro pro Wohnung. Weiter müssen tagsüber draußen die bisherigen Lärmschutzwerte eingehalten werden und der Bebauungsplan „Bereiche im Freien“ vorsehen, in denen sich die Bewohner:innen aufhalten können. Und schließlich gelte es, „in der Abwägung des Bebauungsplans die vorrangigen Maßnahmen des Lärmschutzes wie Nutzungszuordnung, aktiver Schallschutz, Baukörperstellung und Grundrissgestaltung“ zu berücksichtigen – inklusive Dokumentation, heißt es im Entwurfstext weiter. Angesichts der strengen Vorgaben, der zu erwartenden Mehrkosten und der Bürokratie erscheint fraglich, ob die neue TA-Lärm der große Wurf wird. So jedenfalls äußern sich Verbandsvertreter in einer ersten Reaktion. Der Entwurf offenbare den Zielkonflikt, günstigen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen sowie gleichzeitig verdichteter zu bauen, sagt etwa der Justiziar des Wohnungswirtschaftsverbands GdW, Carsten Herlitz. Er verweist darauf, dass alle vier Vorgaben gleichzeitig erfüllt werden müssten und damit die Hürden hoch lägen. „Die Bestimmungen sind kaum praktikabel, so dass man skeptisch sein darf, ob sich Kommunen und Bauherren an so ein Projekt heranwagen“, sagt er. „Das richtige Ziel wird nach dem Entwurf nur äußerst halbherzig umgesetzt.“ Die Mehrkosten für die speziellen Lärmschutzfenster müsse zudem jemand tragen – Bauende, Vermieter oder Mieterinnen. „Leichter wäre es gewesen, einfach die Lärmwerte hochzusetzen“
Auch die auf Immobilienrecht spezialisierte Anwältin Rut Herten-Koch bezweifelt, dass die Verwaltungsvorschrift Durchschlagskraft entwickeln wird. Viele Projekte würden schon deswegen nicht in den Genuss erhöhter nächtlicher Lärmwerte kommen, weil sie ohne Bebauungsplan gemäß §34 Baugesetzbuch entstehen, sagt die Partnerin der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft. Dazu kämen Vorgaben wie Freiräume und spezielle Lärmschutzfenster bei gleichzeitigen Anforderungen an Grundrisse. „Das wird Bauen weder vereinfachen noch kostengünstiger machen“, sagt Herten-Koch. Aus ihrer Sicht wäre es am unkompliziertesten gewesen, die Lärmwerte hochzusetzen und das ganze Thema Bebauungsplan auszuklammern. „Das war aber offenbar nicht durchzusetzen.“ Mit der Verwaltungsvorschrift wollen die Ministerien erstmals auch Lärmschutzwerte auf dem Land festlegen. In vor ein paar Jahren per Baunutzungsverordnung eingeführten „dörflichen Wohngebieten“ sollen tagsüber 57 dB(A) gelten dürfen, nachts 42 dB(A). Zum Vergleich: Lautstärken ab 85dB(A) gelten als gesundheitsschädigend.
Die Überarbeitung der TA-Lärm zählt zu den Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag. Verbände haben bis 21. Juni Zeit, um ihre Meinung zu dem Entwurf abzugeben. Er muss auch noch das Kabinett passieren sowie im weiteren Gesetzgebungsverfahren unter anderem den Bundesrat. Mit höheren Lärmwerten nachts wollen Bundesumwelt- und Bundesbauministerium mehr Wohnen in Innenstädten ermöglichen. Doch der Entwurf für die Technische Anleitung (TA) Lärm enthält so viele Fallstricke, dass der Erfolg fraglich scheint. Das Bundesumweltministerium hat nach langen Diskussionen den Entwurf für eine überarbeitete Lärm-Richtlinie vorgelegt, mit denen Wohnungsbau in Innenstädten erleichtert werden soll. Er sieht vor, dass in bestimmten Bereichen nachts höhere Lärmwerte gelten dürfen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Konkret sollen dem „Entwurf einer Zweiten Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ zufolge die Immissionsrichtwerte nachts außerhalb von Gebäuden in urbanen Gebieten von 45 dB(A) auf 50 dB(A) angehoben werden und in Kern- und Mischgebieten auf 48 dB(A). In allgemeinen Wohngebieten sollen sie bei 43 dB(A) liegen. Der Entwurf liegt der Immobilien Zeitung vor. Die Regeln sollen zunächst bis Ende 2032 gelten, wie es weiter heißt. Der Vorschlag für die flexibleren Lärmwerte sei „eine zeitlich begrenzte Regelung zur Flexibilisierung der Vorschriften im Hinblick auf Lärmkonflikte“, so das Ministerium, „um auch auf diesem Wege die benötigte Mobilisierung von Flächenpotentialen für ein Mehr an Wohnungsbau zu unterstützen“. Allerdings kann die neuen Möglichkeiten nur nutzen, wer vier Vorgaben erfüllt: Beim Grundstück, auf dem gebaut werden soll, muss es sich um eine Brache oder Baulücke handeln. Die Bauherren müssen spezielle Fenster ähnlich dem„Hamburger Fenster“ einbauen, die vor Lärm schützen. Die Extrakosten dafür schätzt die Bundesregierung auf 2.000 bis 3.000 Euro pro Wohnung. Weiter müssen tagsüber draußen die bisherigen Lärmschutzwerte eingehalten werden und der Bebauungsplan „Bereiche im Freien“ vorsehen, in denen sich die Bewohner:innen aufhalten können. Und schließlich gelte es, „in der Abwägung des Bebauungsplans die vorrangigen Maßnahmen des Lärmschutzes wie Nutzungszuordnung, aktiver Schallschutz, Baukörperstellung und Grundrissgestaltung“ zu berücksichtigen – inklusive Dokumentation, heißt es im Entwurfstext weiter.
Angesichts der strengen Vorgaben, der zu erwartenden Mehrkosten und der Bürokratie erscheint fraglich, ob die neue TA Lärm der große Wurf wird. So jedenfalls äußern sich Verbandsvertreter in einer ersten Reaktion. Der Entwurf offenbare den Zielkonflikt, günstigen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen sowie gleichzeitig verdichteter zu bauen, sagt etwa der Justiziar des Wohnungswirtschaftsverbands GdW, Carsten Herlitz. Er verweist darauf, dass alle vier Vorgaben gleichzeitig erfüllt werden müssten und damit die Hürden hoch lägen. „Die Bestimmungen sind kaum praktikabel, so dass man skeptisch sein darf, ob sich Kommunen und Bauherren an so ein Projekt heranwagen“, sagt er. „Das richtige Ziel wird nach dem Entwurf nur äußerst halbherzig umgesetzt.“ Die Mehrkosten für die speziellen Lärmschutzfenster müsse zudem jemand tragen – Bauende, Vermieter oder Mieterinnen. „Leichter wäre es gewesen, einfach die Lärmwerte hochzusetzen“ Auch die auf Immobilienrecht spezialisierte Anwältin Rut Herten-Koch bezweifelt, dass die Verwaltungsvorschrift Durchschlagskraft entwickeln wird. Viele Projekte würden schon deswegen nicht in den Genuss erhöhter nächtlicher Lärmwerte kommen, weil sie ohne Bebauungsplan gemäß §34 Baugesetzbuch entstehen, sagt die Partnerin der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft. Dazu kämen Vorgaben wie Freiräume und spezielle Lärmschutzfenster bei gleichzeitigen Anforderungen an Grundrisse. „Das wird Bauen weder vereinfachen noch kostengünstiger machen“, sagt Herten-Koch. Aus ihrer Sicht wäre es am unkompliziertesten gewesen, die Lärmwerte hochzusetzen und das ganze Thema Bebauungsplan auszuklammern. „Das war aber offenbar nicht durchzusetzen.“
Mit der Verwaltungsvorschrift wollen die Ministerien erstmals auch Lärmschutzwerte auf dem Land festlegen. In vor ein paar Jahren per Baunutzungsverordnung eingeführten „dörflichen Wohngebieten“ sollen tagsüber 57 dB(A) gelten dürfen, nachts 42 dB(A). Zum Vergleich: Lautstärken ab 85dB(A) gelten als gesundheitsschädigend.
Die Überarbeitung der TA-Lärm zählt zu den Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag. Verbände haben bis 21. Juni Zeit, um ihre Meinung zu dem Entwurf abzugeben. Er muss auch noch das Kabinett passieren sowie im weiteren Gesetzgebungsverfahren unter anderem den Bundesrat. (Quelle: Immobilienzeitung 29.5.2024)
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