Habbel GmbH

„Sicherheitskonzepte – Ein Baustein sicherer Veranstaltungen“

Bildschirmfoto 2016-01-07 um 09.21.28Frage 1:

Herr Buschhoff, Sie sind Experte für Veranstaltungssicherheit, erstellen Sicherheitskonzepte und sind Mitautor der DStGB-Dokumentation zur Besuchersicherheit. Angesichts der Vorkommnisse in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof will die Stadt Köln für Veranstaltungen künftig Sicherheitskonzepte aufstellen. Ist das ein richtiger Weg, um mehr Sicherheit zu gewährleisten?
Antwort: Die Stadt Köln ist mit der Aussage, künftig verstärkt Sicherheitskonzepte aufzustellen, auf dem richtigen Weg. Konzepte sind wichtig, sie müssen umgesetzt und kontrolliert werden. Notwendig ist dabei ein präventiver und planvoller Ansatz. Hilfestellung dazu gibt ein druckfrisches Dokument der Arbeitsgruppe Veranstaltungssicherheit mit dem Titel „Die Sicherheit einer Veranstaltung – Eine Kultur der Verantwortung“ welches an der TH Köln (Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr) erarbeitet wurde. Dann gibt es neben einigen anderen Papieren noch ein umfangreiches Dokument des NRW-Innenministeriums, welches im Zuge der Ereignisse der Loveparde in Duisburg für die kommunale Planung, Genehmigung, Durchführung und Nachbereitung von Großveranstaltungen im Freien erstellt wurde. Alle diese Dokumente sind aus der Zusammenarbeit von verschiedenen Experten entstanden und sollen Verantwortlichen ein Handlungsgerüst geben, um Organisationen handlungsfähig zu halten.

Frage 2:

Wie kann man Besucher vor gewaltbereiten Besuchern schützen? Den Fall hatten wir ja gerade in Köln? Da gab es ja keinen Veranstalter.
Antwort: Hier kommt es ganz besonders auf eine präventive Sicht an. Zwei Fragen stehen dabei im Mittelpunkt: Wer kann wie auf die Veranstaltung einwirken? Welche Gefahren und Risiken ergeben sich durch die Veranstaltung? Daraus kann man – allerdings nur in beschränkter Art und Weise – ableiten, ob bei einer „Veranstaltung“ mit gewaltbereiten Besuchern, die andere gefährden, zu rechnen ist. Da kann man falsch liegen und muss sehr aufmerksam im Vorfeld die Dinge wahrnehmen.
Hier kommt es besonders auf Erfahrungen von Personen an, die sich mit dem Thema Sicherheit beschäftigen. Diese Erkenntnisse müssen in die Sicherheitskonzepte integriert werden. Ein Schutz der Besucher vor Randalierern oder gewalttätigen Gruppen ist nicht möglich, wenn nicht im Vorfeld schon Erkenntnisse existieren, die auf solche Ereignisse hindeuten. Deshalb ist die Prävention durch vorhergehende Beobachtung des Umfeldes besonders wichtig. Das Erfahrungswissen der Behörden mit Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben spielt dabei eine große Rolle. Unabhängig davon, ob man sich auf Begriffe wie „Veranstalter“ und „Betreiber“ zurückziehen kann: die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hat in einer Gemeinschaft die höchste Priorität. Eine Kultur der Angst wäre die falsche Antwort, es geht vielmehr um eine Kultur der Verantwortung.

Frage 3:

Die Stadt Köln will für Veranstaltungen, für die es keine konkreten Veranstalter gibt, wie zum Beispiel der Straßenkarneval oder die Nutzung öffentlicher Plätze für Silvesterfeiern, in eine Art „virtuelle Veranstaltereigenschaft“ eintreten. Ist das ein richtiger Weg?
Antwort: Für ein Veranstaltungsformat wie der eines Karnevalsumzugs gibt es einen konkreten Veranstalter den man benennen kann. Zu Versammlungen oder Veranstaltungen im öffentlichen urbanen Raum wie Silvester, nach einem gewonnenen Fußballspiel oder einem anderen gesellschaftlich wichtigem Ereignis eine virtuelle Veranstaltereigenschaft zu definieren, bewerte ich kritisch, da Zuständigkeiten nicht endgültig geklärt werden können.
Seit Jahrhunderten versammeln sich Menschen spontan, vieles davon ist nicht planbar. Eine hundertprozentige Sicherheit kann auch eine virtuelle Veranstaltereigenschaft nicht sicherstellen. Vielmehr sollte man auf die gesellschaftlichen Kräfte zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung setzen und dies nicht singulär betrachten. Die Polizei ist ein Baustein dieser öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Auf der anderen Seite unterliegt die Teilnahme im öffentlichen Raum dem allgemeinen Lebensrisiko und gerade der Besuch von infrastrukturellen Brennpunkten wie Hauptbahnhöfen oder Innenstädten kann nicht zu 100 Prozent von der polizeilichen Gefahrenabwehr abgesichert werden. Hier muss der Fokus auf resiliente Organisationsformen gerichtet werden. Die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten ist an vielen Stellen noch nicht optimal und kann verbessert werden.

Frage 4:

Was können Kommunen tun, um die Sicherheit im öffentlichen Raum zu verbessern?
Antwort: Man muss auf die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung setzen und bei Bedarf eine ausreichende Präsenz von Polizeikräften an Hotspots vorsehen – inkl. der Vorhaltung einer Einsatzreserve. Dabei muss sich das Zusammenspiel zwischen Polizeikräften und privaten Ordnungsdiensten verbessern. Hier muss der fachliche Austausch über die Grundlagen der Zusammenarbeit verbessert werden und so gibt es noch vieles nachzuholen.

Frage 5:

Was sind die drei wichtigsten Merkmale, um Sicherheit zu gewährleisten?
Antwort: Man braucht erstens Weitsicht und erfahrende Personen, die Veranstaltungen betreuen, man muss sich zweitens davon lösen, dass die Größe von Veranstaltungen Sicherheits- oder Unsicherheitsaspekte definiert. Entscheidend sind die Akteure auf und vor der Bühne, die Entwicklungen beobachten und dann entsprechend handeln. Drittens muss Veranstaltungs- und Besuchersicherheit professionell angegangen werden, das kann man nicht mal nebenbei machen. Entscheidend ist ein präventiver Ansatz, der auf entsprechenden Konzepten aufbaut, wo nicht nur Haftungsabgrenzungen definiert werden. Das ist zu wenig und würde zu kurz greifen. Einzig ein multidisziplinärer Ansatz führt hier zum Ziel.

Frage 6:

Welche Rolle spielt die Digitalisierung? Wie kann man soziale Netzwerke nutzen, um mehr Sicherheit zu gewährleisten?
Antwort: Man kann über soziale Netzwerke im Vorfeld von Veranstaltungen und während einer Veranstaltung auf Besucher einwirken und sie informieren. Das setzt aber ein aktives Vorgehen in sozialen Netzwerken voraus. Das kann nur eine Ergänzung sein. Es ist ein Werkzeug von vielen, sollte aber verstärkt genutzt werden. Problematisch ist die Konzentration auf einen Kanal oder ein Medium. Es gibt nicht „das“ soziale Netzwerk. Wichtig ist es, die Deutungshoheit zu behalten und im Zweifelsfall wiederzuerlangen.
Die Fragen stellte Franz-Reinhard Habbel
Der Beitrag ist auch auf der Webseite www.DStGB.de

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