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Open Transit Data – Offene Fahrplandaten im öffentlichen Verkehr in Deutschland

Ein richtiger Schritt, aber noch nicht ausreichend
Ein richtiger Schritt, aber noch nicht ausreichend
Die Menschen sind im Jahr 2013 angekommen – deutsche Verkehrsunternehmen offensichtlich noch nicht. Weder die Unternehmen noch die Politik haben die Innovationskraft von Open Transit Data bisher richtig erkannt. Zwar gibt es vereinzelt Apps die Menschen, die viel reisen oder täglich pendeln, mit Informationen unterstützen, aber eine breite Bereitstellung von Daten bleibt bisher aus.
Mit der Bereitstellung von Echtzeitdaten in maschinenlesbarer Form durch die Verkehrsträger haben auch Dritte, wie Interessierte oder einzelne Softwareanbieter, die Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürgern Fahrplandaten live zur Verfügung zu stellen. Der Bedarf danach ist vorhanden. „Wo ist gerade der Bus 278, wann kommt er zu welcher Haltestelle?“. Eine solche Frage könnte über eine Smartphone-App schnell beantwortet werden. Solche Live-Informationen sind in Einzelfällen an Haltestellen schon vorhanden, aber eben nicht mobil von wo auch immer abrufbar. Wie schwer sich Verkehrsträger tun zeigt eine Diskussion im Rheinland, wo der Betriebsrat Einspruch gegen ein solches Verfahren erhob, weil man dann ja den Aufenthaltsort des Fahrers identifizieren könnte.
In der Open Transit Data-Diskussion, also der Diskussion über die Freigabe von Fahrplanechtzeitdaten und anderen verkehrsrelevanten Information, wird sehr oft vonseiten der Verkehrsunternehmer in Deutschland die Frage gestellt, welchen Zweck die Freigabe habe. Diese Frage lässt sich am besten mit einigen Beispielen erklären. Viele dieser Anwendungen berühren nicht das Kerngeschäft eines Verkehrsunternehmens, haben aber einen großen Nutzereffekt. Die Reduktion von Komplexität und die Steigerung des Coolnessfaktors können darüber hinaus insbesondere in Ballungsräumen jüngere Nutzergruppen animieren und haben einen positiven Einfluss auf die Fahrgastzahlen.
Für Verkehrsunternehmen entsteht ein zusätzlicher Nutzen, aber keine zusätzlichen Kosten, da die Entwickler solcher App-Angebote meistens aus innerem Antrieb und auf eigene Rechnung arbeiten. Verkehrsunternehmen können darüber hinaus noch zusätzliche Einnahmequellen erschließen, da viele beliebte Anwendungen offizielle Netzpläne oder bei entsprechender Marktdurchdringung und Qualität den Namen des Verkehrsunternehmens lizenzieren.
In Deutschland gab es schon einige Versuche Open Transit Data einzuführen. Das Projekt OpenplanB hat bereits umfangreiche Fahrplandaten veröffentlicht – als Start für eine neue Innovation. Allerdings fehlte hierbei die Erlaubnis der Verkehrsunternehmer. Enthalten sind die Daten des kompletten deutschen Fernverkehrs der Deutschen Bahn, hinzukommen Teile benachbarter Länder und Teile des deutschen Nahverkehrs sowie der Nahverkehr in Berlin und Brandenburg. Die Veröffentlichung der Daten erfolgte allerdings ohne Erlaubnis der betroffenen Verkehrsbetriebe. Die OpenPlanB-Macher hatten mit verschiedenen Verkehrsunternehmen über eine Veröffentlichung der Fahrplandaten diskutiert, ohne ein Ergebnis zu erreichen. Letztlich haben die Open-Data-Aktivisten dann die Daten aus Anwendungen für die Verbindungsauskunft und anderen Veröffentlichungen der Fahrplandaten extrahiert und in ein einheitliches Format überführt. Jetzt droht den Aktivisten eine Strafe. Allerdings scheinen die Diskussionen und Aktionen der Open-Data-Aktivisten von OpenPlanB durchaus etwas bewegt zu haben. Der Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) will seine Fahrplandaten im Herbst auf dem Berliner Open-Data-Portal bereitstellen. Somit wäre der VBB einer der ersten Verkehrsunternehmen in Deutschland überhaupt, der Open Transit Data anwendet. Im Vergleich zu anderen Ländern liegt Deutschland mit auf den letzten Plätzen. Alleine in New York existieren beispielweise mehr als 70 verschiedene Apps, Webseiten und Services. Hierzu zählen Anwendungen über eine Tür-zu-Tür Verbindung mit turn-by-turn Fußgängernavigation zur nächsten Haltestelle, aktuelle Echtzeitinformationen zu Verspätungen und aktuellen Ankunftszeiten, Pushmeldungen über geplante Umleitungen und Baumaßnahmen, Auskünfte auch in U-Bahn Tunneln ohne PGS/ Handyempfang, sogar werden einzelne Eingänge zu den Stationen wie das Empire State Building angezeigt. Des Weiteren zeigen einige Apps den Status von Rolltreppen und Fahrstühlen an. Auch defekte Fahrstühle können somit umgangen werden. Spielzeiten von Kino und Theater werden frei gegeben und die Höhe der Parkgebühren von Parkplätzen ist in solchen Entwicklungen zu finden.
Aber nicht nur die USA ist ein Spitzenreiter im Bereich der Open Transit Data, auch die Schweiz und England zeigen eine starke Tendenz und die Zahl der frei verfügbaren Anwendungen nimmt immer weiter zu. Insgesamt gibt es eine wahre Flut von Anwendungen, die auf offenen Fahrplandaten basieren. Auch deutsche Bahn- und ÖPNV-Nutzer haben es verdient korrekte Informationen komfortabel und möglichst nutzergerecht zu erhalten. Schließlich sind sie es, die mit ihren Steuergelder und Fahrentgelten den ÖPNV, die Verkehrsunternehmen und die durch diese erstellten Fahrpläne und sonstige Informationen finanzieren.
Franz-Reinhard Habbel unter Mitarbeit von Sonja Fischer

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