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Regierungsbildung in NRW läuft auf Hochturen. Welche Rolle spielt die Digitialisierung?

(c) Landtag NRW, Foto: Schälte, Bernd – Signatur: A0601/3019/049

Die Wahl in NRW ist entschieden. CDU und Liberale wollen schnell eine Regierung bilden. Sie sind mitten in den Verhandlungen. Für die FDP ist die Digitalisierung ein wichtiger Baustein einer neuen Regierungspolitik in dem bevölkerungsreichsten Bundesland. Was ist von der neuen Regierung beim Thema Digitalisierung zu erwarten? Christian Lindner fordert ein Digitalministerium. Die CDU setzt auf Verbesserungen im E-Government und eine einheitliche Digitalisierungsstrategie. Ein Blick in die Wahlprogramme der Verhandlungspartner gibt Aufschluss zum Stellenwert der Digitalisierung. Noch gibt es keine Signale, was davon umgesetzt werden könnte.
Der Blick in die Wahlprogramme
Die CDU will das Baugenehmigungsverfahren auf ein einheitliches, digitales System nach dem Vorbild anderer Bundesländer umstellen. Der Einsatz von Digitalem Planen und Bauen (Building Information Modeling,) unter umfassender Beteiligung von Experten aus Verwaltung und Wirtschaft sowie der Universitäten und Hochschulen würde nicht nur zu einer wahrnehmbaren Verbesserung führen, sondern auch einen Qualitätssprung für die Planung, den Bau und die Einhaltung der Kostenvorgaben ermöglichen.
Aufgebaut werden soll eine gigabitfähige Infrastruktur. Freiwerdende Mittel aus der auslaufenden Steinkohlesubventionierung sollen in die Förderung des Breitbandausbaues investiert werden. Ein Bürgerbreitbandfonds soll eingerichtet werden. Bei der Einführung der neuen Mobilfunkttechnologie 5G soll NRW eine Führungsrolle in Deutschland einnehmen.
Die CDU unterstützt den von der Bundesregierung vorgeschlagenen DigitalPakt#D, der vorsieht, dass alle Schulen in Deutschland mit digitaler Ausstattung versorgt werden. Die für NRW vorgesehenen Mittel sollen zu 100 Prozent an die Schulträger weitergeleitet werden. Schülerinnen und Schüler können digitale Geräte im Rahmen von Bring-Your-Own-Device mit in die Schulen bringen.
Unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände soll eine einheitliche Digitalisierungstrategie für die öffentliche Verwaltung entwickelt werden. Darüberhinaus soll ein Open-Data-Gesetz verabschiedet werden. Auf die Einführung der elektronischen Akte soll nur noch in begründeten Ausnahmefällen und nur übergangsweise verzichtet werden. Zusammen mit den Kommunen sollen Vorgaben und verpflichtende Standards entwickelt werden, zum Beispiel in den Bereichen Interoperabilität, Schnittstellen, und IT-Sicherheit. Das stärkt die Effizienz und Leistungsfähigkeit der Verwaltung und die Sicherheit der IT-Anwendungen. Dazu zählen insbesondere Berichtspflichten und Genehmigungsverfahren für kleine und mittlere Unternehmen. Im Land Nordrhein-Westfalen sollen vertrauenswürdige und sichere Zugänge zur Verwaltung Standard werden. Es soll sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger möglichst viele Leistungen der Landesverwaltung und der Kommunen online nutzen können. Auch soll die IT-Kompetenz der Landesverwaltung deutlich erhöht werden, was in Zukunft auch bei der Personalauswahl und bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung stärker zu berücksichtigen ist.
FDP: Die Landespolitik muss Digitalisierung endlich vorantreiben
Die FDP fordert in ihrem Programm ein digitales Bürgeramt, in dem man alles von zu Hause aus erledigen kann. Eingerichtet werden soll ein eigenes Digitalisierungsministerium, in dem alle Zuständigkeiten der Digitalisierung gebündelt und die digitale Transformation vorangetrieben werden soll.
Offene W-LAN-Zugänge sollen in allen Landeseinrichtungen selbstverständlich sein. Weiter heißt es in dem Wahlprogramm:

  • Eine moderne Verwaltung sollte alle Chancen der Digitalisierung nutzen und exzellenten Service durch einfache Antragstellung, hohen Nutzungskomfort, elektronischen Datenaustausch, konsequente Verfahrensbeschleunigung und elektronische Zahlungsmöglichkeiten bieten.
  • Wir wollen es den Menschen im Alltag einfach machen. Dafür setzen wir auf eine landesweite E-Government-Offensive. Damit schaffen wir eine digitale Verwaltung mit bürgernahen Online-Angeboten und nutzerfreundlichen Apps. Bürgerinnen und Bürger können so ihre Anliegen in Zukunft elektronisch erledigen und müssen nur noch im absoluten Ausnahmefall persönlich in den Ämtern erscheinen. Das Land NRW soll ein einheitliches E-Government-System entwickeln und etablieren, an das alle Kreis und Kommunen andocken und das sie für ihre eigenen Aufgaben nutzen können.
  • Wir wollen den Bürokratie- und Zeitaufwand für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen spürbar vermindern. Dafür wollen wir zum Beispiel schlankere, papierlose und schnelle Antrags- und Genehmigungsverfahren schaffen.
  • Eine für alles, alles bei einer: Für den Bürger soll die Verwaltung eine zentrale Ansprechperson für alle Anliegen und alle Behörden-Vorgänge benennen. Dazu müssen insbesondere die Kommunen unterstützt und gestärkt werden, die einen Großteil der bürgerorientierten Verwaltung tragen.
  • Mehr Service bedeutet auch, dass Verfahrensstände etwa bei Bauplänen und Genehmigungsbeantragungen nachzuverfolgen sind oder Gewerbeanmeldungen elektronisch erfolgen können. Mit dieser Verfahrensverfolgung behalten die Bürger den Sachstand der Bearbeitung ihrer Anträge und Begehren immer im Blick und können online jederzeit den Status einsehen. Was bei einer Paketsendung möglich ist, muss auch bei Verwaltungsverfahren funktionieren.
  • Wir fordern eine völlig neue Verwaltungskultur mit „Open government“: Mehr Transparenz, mehr Teilhabe, mehr Information, mehr Innovation durch vorbildliche und effektive Öffnung der Verwaltung gegenüber der Bevölkerung und Wirtschaft. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern einen freien Zugriff auf behördliche Daten ermöglichen. Mit „Open Data“ sollen Bürgerinnen und Bürgern wie Unternehmen zukünftig Verwaltungsdaten und -informationen proaktiv und antragsfrei im Netz offengelegt werden. Zu diesem Zweck wollen wir ein freiwilliges Bürgerserviceprofil einführen, welches für jeden Bürger über seinen Personalausweis zugänglich sein soll. Die Einhaltung neuester Verschlüsselungs- und Sicherheitsstandards sowie datenschutzrechtlicher Vorgaben soll dabei die Datensicherheit gewährleisten. Das Bürgerserviceprofil könnte folgende Inhalte haben: Informationen über relevante kommunale Vorhaben und Beteiligungsmöglichkeiten daran; Teilnahmemöglichkeiten an Bürgerbegehren und unverbindlich erhobenen Stimmungsbildern; Zugang zur digitalen Behörde; Zugang zu einem Mängel-Melder, mit welchem Beschwerden und aktuelle Anregungen an die Verwaltung direkt weitergegeben werden können.

Es bleibt abzuwarten, was aus den Wahlprogrammen in einem gemeinsamen Regierungsprogramm aufgegriffen und angegangen wird. Die Ansprüche sind hoch.

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