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Pflege: Mangelnde Vernetzung und fehlende Transparenz

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Das Internet der Menschen hat den Bereich der Pflege in Deutschland noch nicht erreicht. Auf dem Ersten Deutschen Pflegetag in Berlin kündigte die AOK an, gemeinsam mit den Kommunen eine zugehende Beratung vor Ort zu organisieren. Im Sommer 2014 wird in Essen ein Quartierskonzept modellhaft umgesetzt, welches die Vernetzung von Pflegebedürftigen, Angehörigen, Kommunen, Krankenkassen, Pflegekräften und Pflegeanbieter sicherstellen soll. Damit sollen die Beratungskapazitäten vor Ort gebündelt und die Unterstützungsangebote und Dienstleistungsstrukturen wohnortnah erbracht werden.
Mehr Transparenz ist ein weiters wichtiges Merkmal beim Thema Zukunft der Pflege. „Die Qualität der Pflege darf nicht geheim bleiben, sondern muss transparent werden“, forderte Jürgen Graalmann, Vorstandsvorsitzender des AOK Bundesverbandes auf dem Ersten Deutschen Pflegetag. Qualitätsunterschiede bei Ärzten, Krankenhäusern aber auch Pflegereinrichtungen müssen auf Vergleichsportalen sichtbar gemacht werden. Insgesamt muss die Pflegetransparenz weiter entwickelt werden. Dabei sollte vor allem die pflegerische Behandlungsqualität einen höheren Stellenwert erhalten.
Die skandinavischen Länder sind in Europa beim Thema Pflege wesentlich weiter. Deutschland ist in Sachen Pflege immer noch ein Entwicklungsland. So ist es in Skandinavien, in den Niederlanden oder England durchaus möglich, dass Pflegekräfte eine eigene Sprechstunde unterhalten, Medikamente verschreiben oder eigenständig die Patienten versorgen. Während in Norwegen eine Pflegefachkraft im Krankenhaus durchschnittlich für vier Patienten zuständig ist, sind es in Deutschland zehn Patienten – der schlechteste Wert in Europa. Angesichts der demographischen Entwicklung muss die Pflege zu einem Top-Thema der neuen Bundesregierung werden. Innovative Wohnformen, Generationenhäuser, Quartierskonzepte, technische Anreizsysteme und intelligente Lösungen für die Heimvernetzung stehen künftig im Focus. Auch der einheitliche Behördenruf 115 sollte als Anlaufstelle das Thema Pflege stärker aufgreifen.
Die Bertelsmann Stiftung hat in ihrem jüngsten Pflegereport 2030 eine Versorgungslücke von rund einer halben Million Vollzeitkräfte festgestellt und vor allem die Kommunen zum Handeln aufgefordert. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund nimmt die Herausforderung an: „So wie wir jetzt versuchen, in einem Kraftakt ein kinderfreundliches Land zu werden und die Kitaplätze in den letzten Jahren immens ausgebaut haben, werden wir uns auf die alternde Gesellschaft vorbereiten müssen. Bereits bei der Stadtplanung müssen die zukünftig erforderlichen häuslichen Versorgungsdienste, ambulante Pflegeeinrichtungen und ein vernetztes Hilfesystem im Sozialraum bedacht und berücksichtigt werden“, sagte DStGB-HGF Dr. Gerd Landsberg in Berlin.
In der Tat ist im Pflegebereich noch viel zu tun: Bürokratie und Dokumemtationspflichten müssen auf ein Mindestmaß begrenzt werden. Technik allein ist aber nicht alles. Auf dem Kongress mit weit mehr als 1000 Teilnehmer zeigte sich eine stärkere Hinwendung zu den Menschen. So sind Pflegetaktzeiten kein Allheilmittel. Technik sollte eher unterstützend wirken. Die Vernetzungspotenziale sind noch nicht annähernd ausgeschöpft. Plattformen im Internet bieten hervorragende Möglichkeiten, den Wandel von der Objektförderung zur Subjektförderung zu beschleunigen. Das stärkt die Freiheit der Pflegebedürftigen bzw. ihrer Angehörigen, sich ihre Hilfsmaßnahmen selbst zusammen zu stellen und nicht nur auf Institutionen angewiesen zu sein. Der Mensch muss im Vordergrund stehen und nicht die Wohlfahrtsorganisation.

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