Franz-Reinhard Habbel, DStGB-Sprecher, antwortet auf Fragen von Heiner Benking und Konrad Kutt in der BücherboXX- Rundschau März 2014
1. Was können BücherboXXen in Städten und Gemeinden bewirken?
Bücher sind seit Jahrhunderten wichtige Kulturgüter der Menschen. Sie sind „geschriebenes“ Leben, schaffen Zugang zur Vergangenheit und zur Gegenwart, regen die Phantasie der Menschen an, verkörpern Wissen und dienen der Bildung. Ohne Bücher wären wir arm. Bibliotheken eröffnen uns den Zugang zu der Welt der Bücher, sie sind Orte der Begegnung und der Kommunikation. Mini-Bibliotheken wie die BücherboXX verkörpern die Welt der Bücher. Sie setzen ein Zeichen.
2. Die öffentliche Straßenbibliothek lebt vom zivilgesellschaftlichen Engagement der Anwohner. Glauben Sie, dass die Bereitschaft dafür in der Gemeinschaft gegeben ist?
Viele Erfahrungen zeigen, dass eine BücherboXX von den Bürgerinnen und Bürgern geschätzt wird. Es gibt so gut wie keinen Vandalismus. Diese Wertschätzung ist es, die Menschen beflügeln, sich auch selbst zu engagieren und zum Beispiel Patenschaften über solche Boxen übernehmen.
3. Welche Voraussetzungen müssten Ihrer Meinung nach erfüllt sein, damit sich eine BücherboXX in unterschiedlichen Region wirklich trägt?
Die BücherboXX sollte an Orten aufgestellt werden wo Menschen sich aufhalten. Zum Beispiel im Bereich von Haltestellen, Marktplätzen oder publikumswirksamen Gebäuden. Es muss eine Gruppe geben, die sich darum kümmert, sich verantwortlich fühlt oder Bücher austauscht. Das können Vereine oder Initiativgruppen der Zivilgesellschaft sein. Auch die Lokalzeitung, so hoffentlich noch vorhanden, sollte sich von Fall zu Fall mit der BücherboXX befassen. Bürgermeister oder Ortsvorsteher könnten die Schirmherrschaft für eine BoXX übernehmen. An den BoXXen könnten Bücherlesungen stattfinden, vielleicht mit kleinen Arbeitsgruppen verbunden, die sich spontan, vom Thema angeregt, bilden. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Ein besonders bemerkenswertes Projekt wird von der Berliner Stadtreinigung (BSR) durchgeführt. Junge Auszubildende richten alte Fernsprechhäuschen wieder her und bauen diese zu einer BücherboXX um. Gemeinwesenarbeit wird hier besonders gefördert. Der ein oder andere Jugendliche findet darüber auch Zugang zur Literatur.
4. Wie könnte der Deutsche Städte- und Gemeindebund das BücherboXX-Projekt ideell und material unterstützen?
Wir werden in nächster Zeit von Fall zu Fall auf solche Initiativen hinweisen, gute Beispiele vorstellen und damit die Nachahmung in anderen Kommunen anregen. Auch für die Stiftung Lesen wäre die Ausbreitung dieser Idee sicher interessant.
5. Einige Gemeinden entwickeln sich ökologisch bzw. zu 100 %-Erneuerbare Regionen. Könnten Sie sich vorstellen, dass sich ein Teil der Bücher ganz bewusst auf diese und ähnliche Themen bezieht?
Ja, das ist eine gute Idee. Auch themenorientierte BücherboXXen könnten Impulse geben und das gerade vor dem Hintergrund der Transformation der Dörfer und kleinerer Gemeinden angesichts des demografischen Wandels. Solche „ThemenboXXen“ könnten zum Beispiel nach drei Monaten ihre Standorte wechseln. Sie sollten als Anregungen verstanden werden, sich auch mit wichtigen gesellschaftlichen Fragen auseinander zu setzen.
6. Die Erfahrungen in Berlin zeigen, dass sich rund um die BücherboXX ein lebhafter Gedankenaustausch und Gespräche entwickeln. Was meinen Sie, ist so etwas auch in abgelegenen Gegenden zu erwarten?
Ja, absolut. Nicht die Größe eines Ortes ist entscheidend, sondern die Einstellung und das Interesse der Menschen. Die spannendsten Aktivitäten entstehen meistens situationsbezogen. Kommunen sind deshalb gut beraten dafür „Ermöglichungsräume“ zu schaffen. Die BücherboXX kann ein solcher Ermöglichungsraum sein. Jede Ortschaft ist hierfür grundsätzlich geeignet.
7. Eine persönliche Frage: Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Meine freie Zeit nutze ich sehr intensiv zum Lesen. Manchmal sind es zwei, drei Bücher gleichzeitig. Gerade lese ich das Buch „Ostende 1936“. Es beschreibt die Zeit emigrierter Schriftsteller, die sich in Belgien aufhalten, unter ihnen auch Stefan Zweig. Das Buch würde ich gern in eine BoXX einstellen. Es hat viele Leser verdient.
8. Und was halten Sie vom eBook?
Mittlerweile habe ich auch mehr als 10.000 Seiten Leseerfahrung mit dem eBook. Ich möchte es nicht missen. Aber es gibt immer wieder „Rückfälle“ zum realen Buch. Ich brauche das Fühlen und das haptische Wahrnehmen von Literatur. es ist existenziell. E-Books sind flüchtig, man kann sie nur schwer verschenken, geschweige denn in eine BücherboXX einstellen. Deswegen sollten wir uns etwas einfallen lassen damit auch im digitalen Zeitalter BücherboXXen nicht verschwinden.
BücherboXXen fördern die Lesekultur
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