Der Deutsche Bundestag hat am 4. Dezember 2015 das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) verabschiedet. Damit wurde ein wichtiger Meilenstein erreicht, auch die Versorgungssituation in den ländlichen Räumen zu verbessern. Millionen von Bürgerinnen und Bürgern außerhalb der Metropolen werden von den neuen Möglichkeiten profitieren. Nicht zuletzt wird damit die Attraktivität der ländlichen Räume weiter gestärkt.
Gesundheitsdaten der Patienten können künftig auf der Basis einer digitalen Infrastruktur besser und schneller zwischen Ärzten, gesundheitlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Krankenkassen und Patienten ausgetauscht werden. Patienten sind künftig in der Lage, ihren Behandlern wichtige Gesundheitsdaten digital zur Verfügung zu stellen. Doppeluntersuchungen werden so reduziert werden können. Kernstück der digitalen Kommunikation ist die elektronische Gesundheitskarte. Patienten können durch Nutzung einer sicheren Thematikinfrastruktur Dienstleistungen im Gesundheitswesen elektronisch nutzen. Das erspart ihnen oftmals weite Anfahrtswege. Künftig sind auch Video-Sprechstunden möglich. Voraussetzung dafür ist allerdings eine auskömmliche Breitband Infrastruktur. Mit der Verabschiedung des Gesetzes wurde ein entsprechender Umsetzungsfahrplan auf den Weg gebracht, gleichzeitig aber auch Anreize gesetzt und Strafen bei Nichterreichung der Zielmarken angekündigt. Die heute eingesetzte Gesundheitskarte ist bisher lediglich ein Stück Plastik, mit Bild, Namensaufdruck, Alter und Anschrift. Nunmehr ist durch das gerade verabschiedete Gesetz ab Mitte 2016 vorgesehen, die Versichertenstammdaten online abzugleichen und zu aktualisieren. Ab Oktober 2016 erhalten Patienten, die mindestens drei verschiedene Arzneimittel einnehmen müssen, Anspruch auf einen Medikamentenplan, allerdings bis 2018 noch in Papierform, dann wird auch dieser elektronisch zugänglich sein. Ab 2018 können Patienten auch Daten u.a. zu Allergien oder Vorerkrankungen auf der elektronischen Gesundheitskarte speichern lassen. Damit stehen sie in Notfällen Ärzten und Einrichtungen schnell zur Verfügung. Bis Ende 2018 sollen auch die Voraussetzungen für den Austausch von elektronischen Arztbriefen, Röntgenbildern oder Impfpässen geschaffen sein. Ärzte und Krankenhäuser, die mit elektronischen Notfalldaten und Entlassbriefen arbeiten, erhalten ab 2017 dafür eine gesonderte Vergütung. Dagegen drohen der Betreibergesellschaft Gematik, in der sich Krankenkassen, Ärzte, Kliniken und Apotheker zusammengeschlossen haben, bei Verzögerungen finanzielle Sanktionen. Jahrelang hatten die Digitalisierung des Gesundheitswesens und die Einführung der Gesundheitskarte dahingedümpelt. Mehr als 1,2 Milliarden € wurden bisher aufgewandt.
Gesundheit wird zu einem wichtigen Standortfaktor der Städte und Gemeinden
Menschen werden ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlagern, wo auch gute gesundheitliche Dienstleistungen zur Verfügung stehen beziehungsweise wo es einen optimalen digitalen Zugang zu Services gibt. Die Kommunalpolitik sollte die Gestaltungsmöglichkeiten des E-Health Gesetzes nicht nur aufmerksam verfolgen, sondern sich aktiv in den Vernetzungs- und Kooperationsprozess einbringen. So könnte die Attraktivität der elektronischen Gesundheitskarte durch den Zugang zu speziellen regionalen Präventionsangeboten, zum Beispiel in Verbindung mit dem Tourismus, erhöht werden. Gerade in den Regionen, die unter einem akuten Ärztemangel leiden, sollte eine schnelle Umsetzung der neuen Möglichkeiten durch das E-Health-Gesetz beherzt angegangen werden.
In den kommenden Jahren wird sich ein gigantischer digitaler privater Gesundheitsmarkt entwickeln, wie es schon heute ansatzweise die Apple-Watch zeigt. Einige der neuen Services werden sinnvoll und nutzbringend sein, andere aber auch bedenklich. Um die Qualität im öffentlichen und geregelten Gesundheitswesen aufrechtzuerhalten und zu verbessern, müssen die Chancen der Digitalisierung erkannt und konsequent genutzt werden. Der Computer am Handgelenk der zweiten Generation wird sich dem Bereich Gesundheit noch stärker widmen. Einzelne Vitaldaten werden dann beim Tragen der Uhr automatisch aufgezeichnet und ausgewertet. Die Ergebnisse sollen eine bessere Prävention sicherstellen. Weiter geht es auch mit der Verschneidung von Kunden- und Patientendaten. In den USA kaufen Unternehmen Daten von Händlern, die Kundenbindungssysteme und Kreditkartentransaktionen auswerten. Dadurch kann der Lebensstil von Menschen umfassender ausgewertet werden als durch gelegentliche Arztbesuche oder Laboruntersuchungen, heißt es in Presseberichten. Dem öffentlichen Gesundheitswesen treten immer mehr private Dienstleister gegenüber. Um den staatlichen Auftrag der Gesundheitsfürsorge Rechnung zu tragen, ist es deshalb wichtig, dass auch der öffentliche Sektor die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen ergreift und nutzt.
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