Wo ist in der digitalisierten Welt eigentlich „zu Hause“? Die „Heimatfrage“ ist auch für Kommunen und ihr Selbstverständnis wichtig, meint Franz-Reinhard Habbel in der neuesten Kolumne der Zeitschrift KOMMUNAL.
Nach einer Studie des Möbelkonzerns Ikea assoziieren heute nur noch ein Viertel der Menschen Home mit einem physischen, sogar nur 7 Prozent mit einem geografischen Ort. Knapp die Hälfte definiert es als den Ort, wo man die wichtigsten Beziehungen pflegt. Für viele, insbesondere Jugendliche, verlagern sich soziale Interaktionen in virtuelle Netzwerke sei es nun Facebook, Instagram oder Snapchat und in das, was noch kommen mag. WhatsApp führt den Rang der Kommunikationstools an. 90 Prozent der der deutschen Internetnutzer verwenden Messenger-Dienste, 81 Prozent nutzen WhatsApp. Der Freund, die Freundin, der Bekannte, die Familie ist mit dem Smartphone nah bei einem. Familien kommunizieren in eigenen WhatsApp Gruppen, obwohl sie sich geografisch an verschiedenen Orten befinden. Sollte uns das Sorgen machen? Keineswegs, in der Geschichte gab es schon immer Erweiterungen des Raumes. Lebten im Mittelalter die meisten Menschen an einem Ort und kannten in aller Regel nur ihre unmittelbaren Nachbarn in einem Radius von 50 Kilometer, kommen heute dank zunehmender Mobilität Tausende von Menschen an einem belebten Ort in einer Stunde zusammen. Eine extreme Verdichtung auf engem Raum. Kommunikationsräume und nicht zuletzt Beziehungen „dehnen“ sich neben verbesserter realer Erreichbarkeit (Mobilität) nicht zuletzt durch neue virtuelle Kontaktmöglichkeiten immer weiter aus. Soziale Netzwerke bilden einen „Heimatraum“, dort wo sich bekannte Menschen treffen und vernetzen. In den USA erweitert Facebook gerade seine Dienste in Richtung Facebook Space. Zuhause ist da, wo Familien und Freunde sind – also überall. „Wenn sich unsere sozialen Interaktionen weiter in den digitalen Raum verlagern, könnte sich auch unser Verständnis von Heimat und Familie nach und nach in die Cloud verschieben. Wenn wir das Zuhause zunehmend über unsere sozialen Kontakte definieren, könnte die Cloud bald selbst zu unserem Daheim werden. Eines, das immer dabei ist, egal auf der Welt wo wir uns gerade befinden“ schreibt Stefan Breit vom Gottlieb-Duttweiler-Institut in der Schweiz. Für die Städte und Gemeinden bedeutet dies, ihre Aufenthaltsqualität ständig weiter zu verbessern, sich nicht abzuschotten und ein kommunikatives Ambiente zu schaffen, das Menschen zusammenbringt. „Heimat ist da, wo die Heimat ist“. Orte gehören auf jeden Fall dazu. Aber auch hinterm Horizont geht’s weiter.
Home, sweet home
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