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Österreich will Vorreiter der Digitalisierung werden – Schwerpunkt im Regierungsprogramm 2017-2022


(17.12.) Österreich will sich international als Vorreiter der Digitalisierung positionieren. Die Koalition aus ÖVP und FPÖ will Deutschlands Nachbarn fit für das digitale Zeitalter machen. Das beginnt in der Bildung und führt über die staatlichen Dienstleistungen bis hin zu all den Möglichkeiten die moderne Technologien im Alltag bieten. „Neue digitale Technologien wie künstliche Intelligenz, Robotik oder Blockchain werden noch nicht vorhersehbare Auswirkungen auf unsere Gesellschaft haben. (…) Nur wer jetzt aktiv in die Digitalisierung investiert, wird als Innovation-Leader künftig international vorne mit dabei sein und Beschäftigung und Wohlstand nachhaltig entwickeln“, heißt es in dem am Freitag verabschiedeten Regierungsprogramm.
Notwendig seien ultraschnelle Netzverbindungen und eine smarte Regulierung. Ohne frühestmögliche Umsetzung eines Gigabit-Netzes fehle im internationalen Kontext die Basis, um von der Digitalisierung der Verwaltung, Wirtschaft, Bildung und anderer Bereiche zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger optimal profitieren zu können. Ziel sei es daher, mit dem Vorantreiben der Digitalisierung zum europäischen Innovation-Leader aufzusteigen.
Besonders gefördert werden sollen Open Innovationen. „Gesellschaftliche Innovation braucht Rahmenbedingungen, Kompetenzen und Räume, in denen sie erprobt und umgesetzt werden kann“. Es soll eine Plattform für gesellschaftliche Innovation und Open Innovation eingerichtet werden. Zur Mobilisierung von privatem Kapital zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen soll u.a. Social Crowdfunding, Impact Investing, Social Entrepreneurship und ökosoziales Unternehmentum gestärkt werden. Die neue Regierung will einen Ethikrat Digitalisierung für gesellschaftliche Fragen einrichten.
Moderne Infrastruktur als Fundament der Digitalisierung
Als Zwischenschritt auf dem Weg zum Gigabit-Netz wird eine flächendeckende Breitbandversorgung von zumindest 100 Mbit/Sekunde angestrebt. Dafür sei eine starke, unbürokratische Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, Ländern, dem Bund und der Wirtschaft zwingend notwendig. Das gelte auch für das Ziel, beim 5G-Ausbau zu den absoluten Frontrunnern weltweit zu zählen. Bis Anfang 2021 soll Österreich zum 5G-Pilotland gemacht werden.
Digitalisierung der Verwaltung und smarte Regulierung für besseren Service und mehr Interaktion mit Bürgern und Unternehmen
Ziel sei es, mit einer smarten Regulierung Innovation zum Wohle der Gesellschaft zu unterstützen. Weiter heißt es, dass Digitalisierung an die Spitze der Agenda gestellt werden muss. Um den Reformdialog voranzutreiben, soll eine interministerielle Task-Force Digitalisierung eingerichtet werden. Geprüft werden soll die Einrichtung einer Digitalisierungsagentur. Allerdings werden die Ministerien nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Die Finanzierung der einzelnen Umsetzungsinitiativen sollen im Rahmen der Ressortbudgets erfolgen.
In jedem Ministerium soll ein CDO (Chief Digital Officer) eingerichtet werden. Zu den Aufgaben zählt u.a. ein jährlicher Digitalisierungsbericht, das Monitoring und die Umsetzung gemeinsamer Digitalisierungsinitiativen der Bundesregierung. Die Schaffung notwendiger Rechtssicherheit soll dazu beitragen, dass neue Geschäftsmodelle und Technologien im Sinne der gesellschaftlichen Entwicklung ermöglicht und gleichzeitig die Datenautonomie/-hoheit des Bürgers und der Konsumenten sichergestellt wird. Ein besonders Augenmerk wird dabei auf die Blockchain-Technologie, künstliche Intelligenz und autonomes Fahren gelegt.
Weiter soll eine neue Bürger- und Unternehmensplattform „oesterreich.gv.at“ als zentrales digitales Angebot für Serviceleistungen des Staates einschließlich Integration von „help.gv.at“ und anderen existierenden Angeboten geschaffen werden. Behördengänge und Kommunikation sollen durchgehend digital erledigt werden können (Digital First/Digital Turnaround).
Verwaltungsprozesse sollen dadurch benutzerzentriert und kundenfreundlicher gestaltet werden. Schnell verwirklicht werden soll auch das Once-Only-Prinzip in Zusammenarbeit mit Ländern und Gemeinden. Die zehn wichtigsten Behördenwege in Österreich sollen als erster prioritärer Schritt digitalisiert werden. Auch ist die Einrichtung eines digitalen Bürger- und Unternehmenskonto vorgesehen mit dem unterschiedliche Behördengänge erledigt werden können.
Ausweise und persönliche Daten sollen staatlich garantiert und erstmalig auch digital auf persönlichen Abruf zur Verfügung stehen. Bürger haben künftig einen Einblick in die über sie in diversen Registern gespeicherten Daten, sie bestimmen selbst – durch ihre konkrete Anweisung -, wem sie welche Daten in welchem Ausmaß zur Verfügung stellen. Zur Löschung von Daten auf Antrag sollen klar definierte Rechtswege geschaffen werden. Festgestellt wird auch, dass es keine Zwangsverpflichtung zur „Digitalen Identität“ geben soll und ein jederzeitiger kostenfreier Ausstieg gesichert wird. Alle Behördenwege müssen auch ohne „Digitale Identität“ sichergestellt werden. Konkrekt wird auch beim Aufbau eines strukturierten Datenmanagements des Bundes auf das estnische Modellprojekt „X-Road“ Bezug genommen.
Die Digitalisierung zieht sich durch alle Politikbereiche wie zum Beispiel Bildung, Mobilität, Gesundheit und Sicherheit. So ist eine Digitalisierungsoffensive auch im Bereich der Bildung vorgesehen. Der Einsatz moderner Technologien im Unterricht soll massiv forciert werden. Eine grundlegende Digital- und Medienkompetenz soll in allen österreichischen Schulen etabliert werden. Um öffentliche Daten in Krisenfällen zu schützen soll die Einrichtung einer „Datenbotschaft“, wie es Estland seit einiger Zeit praktiziert, geprüft werden.
Fazit: Zweifelsohne ist die Digitalisierung ein Schwerpunkt des österreichischen Koalitionsvertrages und damit des Regierungsprogramms 2017 bis 2022. Dem Thema Innovation wird große Bedeutung beigemessen. Im Bereich E-Government nimmt Österreich schon heute eine Spitzenstellung in Europa ein. Längst gibt es dort antragslose Verwaltungsverfahren. Deutlich zeigt sich in dem Regierungsprogramm, dass in Estland erprobte Verfahren künftig auch in Österreich übernommen werden sollen. Deutschland gerät weiter ins Hintertreffen und wird, was insbesondere die Digitalisierung der Verwaltung betrifft, von Estland und Österreich „in die Zange“ genommen.

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