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Open-Data wartet nicht auf Deutschland

Für die Demokratie und für die Wirtschaft sind offene Daten ein wichtiger Treibsatz. Engagement und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger am öffentlichen Leben und an Staat und Kommune setzen frühzeitige und umfassende (Quell)Informationen voraus. Auch für die Wirtschaft ist die Nutzung offener, staatlicher oder kommunaler Daten elementar. Staaten, die der Open-Data Philosophie folgen, erarbeiten sich Wettbewerbsvorteile. Neue Geschäftsmodelle entstehen, Datengold wird in der Informationsgesellschaft zu einer wichtigen Ressource. Hier stehen wir erst am Anfang. Deutschland wäre gut beraten, in der wissensbasierten Ökonomie Zeichen zu setzen. Regierungen wie die USA oder Großbritannien haben dies längst erkannt. Gerade hat die britische Regierung ein Open-Data Institut in London mit 10 Millionen Pfund angeschoben. Bereits mehrere Open-Data Startups haben sich dort platziert. Die Bereitstellung von öffentlichen Daten könnte auch ein Gegengewicht zu den immer größer werdenden Datenbergen (Big Data) insbesondere weltweiter Konzerne  bedeuten. Gerade in der virtuellen Welt stellt sich die Frage, sind öffentliche Daten nicht auch eine Art öffentliche Güter? Auch für die Zukunft der Europäischen Union ist Open-Data eine wichtige Voraussetzung. Das gilt besonders für den Anspruch, ein bürgerorientiertes Europa zu schaffen, welches das Gemeinsame und nicht das Trennende in den Vordergrund stellt. Als eine Art Basisinfrastruktur ist ein EU-weites, interoperables Open-Data-Portal notwendig, wenn wir die Zusammenarbeit zwischen den Staaten stärken wollen.
Open Data ist in erster Linie eine politische und dann erst eine verwaltungsorganisatorische Frage. Wollen wir eine weitgehend transparente Verwaltung, die ihre Arbeit offen legt? Wollen wir, dass Bürgerinnen oder Bürger und Institutionen mit staatlich/kommunalen Daten arbeiten, sie selbst interpretieren und möglicherweise zu anderen Rückschlüssen kommen? Wollen wir das Gut der Freiheit und Selbstbestimmung in der digitalen Welt sichern und stärken?
In Deutschland ist jetzt eine heftige Diskussion zwischen der Verwaltung und der Zivilgesellschaft über ein bundesweit einzurichtendes Open-Data-Portal entbrannt. Derzeit wird versucht, jeweils für die eine oder andere Seite um mehr Verständnis zu werben. Es wird von einem Anfang gesprochen, davon dass sich Open-Data in Deutschland entwickeln muss. Eine solche Diskussion bringt uns aber nicht weiter. Das was jetzt mit dem Portal daten-deutschland.de geplant ist, erfüllt nicht die internationalen Anforderungen einer offenen Datenkultur. Da kann man die Bälle noch so oft von einem ins andere Spielfeld spielen, an dem Ergebnis ändert sich nichts. Der Weg zu offenen Daten wurde falsch gestartet. Wir spielen auf dem falschen Platz. Und nun die gute Nachricht: Das kann geändert werden.
Die Frage, ob wir eine Open-Data Kultur in Deutschland umsetzen wollen, ist eine politische Frage und erst in zweiter Linie eine Frage der Behörden. Es geht um eine Modernisierung des Staatsverständnisses. Eine solche Debatte ist in Deutschland aber bisher nicht oder nur sehr verhalten geführt worden. Diskussionen, wie zum Beispiel im IT-Planungsrat, sind nicht ausreichend und führen zu keinem Ergebnis. Open-Data ist in den Ländern erfolgreich, in denen jeweils die Regierung einen solchen Paradigmenwechsel selbst in die Hand genommen hat. In den USA war es Präsident Obama, der das Datenportal Data.gov ins Leben rief, in Großbritannien war es Premierminister Cameron, der Data.gov.uk. etablierte. Noch ist es in Deutschland nicht zu spät.
Wir sollten die mit Open-Data verbundene neue Verwaltungskultur schnell in die politische Debatte bringen. Das Wahljahr 2013 ist dafür besonders geeignet. Wahlprogramme oder ein Koalitionsvertrag könnten wie folgt aussehen:
 „Die neue Bundesregierung bekennt sich zu Open-Data als zentraler Baustein von Open-Government. Sie schafft die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für die Veröffentlichung von Daten. Der Bund richtet ein Open-Data-Portal ein. Er setzt sich dafür ein, dass auch Länder und Kommunen diesen Weg verfolgen. Länder und Kommunen können das Portal mit nutzen. Deutschland unterstützt die internationale Open Government  Partnership Initiative.“ Eine solche Botschaft sollten wir insbesondere in die Parteien tragen. Kritiker mögen einwenden, soweit waren wir schon und wir können nicht immer wieder von vorn anfangen. Das ist aber nicht richtig. Noch immer fehlt ein klares Bekenntnis der Politik zu einer offenen Verwaltungskultur und den damit verbundenen Konsequenzen. Das kann aber nicht einfach so verordnet, sondern muss gelebt werden.
Entscheidend wird es auf die Kommunen ankommen. Den bürgerorientierten Städten, Kreisen und Gemeinden gehört die Zukunft.  Sie haben es selbst in der Hand, im Wettbewerb von Transparenz und Offenheit Zeichnen zu setzen um die Weg in die Bürgergesellschaft einzuschlagen. Deswegen sollten wir unsere Kräfte neben der Schärfung des Politischen auch darauf konzentrieren, der Kommunalpolitik und der Kommunalverwaltung  Handreichungen und Checklisten zur Verfügung zu stellen, wie Open-Data praktiziert werden kann. Arbeitsgruppen auf kommunaler Ebene könnten sich bilden. Das kann auch virtuelle geschehen. Open-Data ist mindestens genauso wichtig wie zum Beispiel die Einführung der Doppik oder des neue europäische Bankkontensystem SEPA, welches auch die Kommunen vor große Herausforderungen stellt. Was wir dort an Veränderungen zu leisten im Stande sind, können wir auch bei Open-Data schaffen.
Die Debatte um Open-Data zeigt, dass eGovernment endlich in der Politik angekommen ist. In Phase I war eGovernment eine Frage der Effizienz von Verwaltungshandeln. Phase II umfasst die Themen Kooperation und Partizipation. Reform heißt „etwas in Form bringen“. Das gilt auch für die Demokratie.

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