Im Z-M-I, dem Zehn-Minuten-Internet Newsletter berichten Franz-Reinhard Habbel und Gerd Landsberg jeden Sonntag über interessante Links (heute u.a. Bürokratieabbau) aus dem Internet für Bürgermeister:innen und Kommunalpolitiker:innen.
Verwaltungen beklagen zu viel Bürokratie
Neben der angespannten Finanzlage und den ständig wachsenden Aufgaben, die die Kommunen zu bewältigen haben, ächzen die Verwaltungen unter hoher Regulierung und zu viel Bürokratie. In vielen Sonntagsreden wurde dies bis jetzt beklagt und zahlreiche Anläufe, die Abläufe und Prozesse zu vereinfachen, scheiterten. Im Gegenteil: eigentlich wurde es jedes Jahr mehr.
Eine nicht unerhebliche Rolle spielt dabei unsere Gesellschaft, die bei jedem Fehler, jedem Unfall oder jedem Missbrauch von staatlichen Leistungen nach schärferen Gesetzen, mehr Vorschriften und strafferer Überprüfung derselben ruft.
Beim Gespräch der kommunalen Spitzenverbände mit Ministerpräsident Alexander Schweitzer war dies eins der wichtigsten Themen. Die Landesregierung hat deshalb vor einigen Wochen ein erstes Bürokratie-Abbau-Paket vorgestellt.
Nun sind die Kommunen aufgefordert, eigene Vorschläge einzubringen. Dem Ansinnen kommen wir gerne nach und möchten in den kommenden Monaten viele konkrete Ideen und Umsetzungsvorschläge sammeln.
Was sich so einfach anhört, wird es aber am Ende nicht sein. Folgende Voraussetzungen müssen dafür vorliegen: das Vertrauen zwischen dem Land und den Kommunen, z.B. dass gewährte Fördermittel sachgerecht verausgabt werden, muss deutlich größer werden.
Die Verfahren bei der Beantragung von Schulbaumitteln oder der Förderung der Feuerwehren müssen erheblich beschleunigt und entschlackt werden. Die zumindest teilweise Umwandlung der Förderprogramme in Pauschalen, speziell im Bereich der kommunalen Pflichtaufgaben, würde eine enorme Entlastung der Behörden nach sich ziehen. Alle Verwaltungsprozesse müssen auf den Prüfstand. Das gilt ebenso für gemeindliche Satzungen, bei denen wir es selber in der Hand haben, Vorgaben zu vereinfachen oder zu automatisieren.
Danach muss einmütig beschlossen werden, in welchen Fällen Vereinfachungen schnell umsetzbar und gleichzeitig rechtssicher sind.
Generell haben wir im öffentlichen Dienst nicht mehr das Personal, um die vom Gesetzgeber und teilweise auch von den Kommunen aufgestellten Regeln kontrollieren zu können.
An die Gesetzgeber ergeht die Aufforderung, bei jeder neuen Vorschrift oder Regulierung erst zu überprüfen, wer mit welchem Personal und welchen finanziellen Ressourcen das Ganze umsetzt und kontrolliert. In Zukunft muss die Leistungsfähigkeit der Kommunen darüber bestimmen, welche neuen Gesetze verabschiedet werden. (Moritz Petry)
Den Maschinenraum des Sozialstaats entrümpeln
Jobcenter-Mitarbeiter, die Arbeitszeit mit Bürokratie vergeuden, Bürger, die an den Vorschriften verzweifeln: Der überkomplexe Sozialstaat braucht dringend eine Reform.
Shell-Jugendstudie: Trotz Angst vor Krieg und Wirtschaftskrise: Junge Menschen in Deutschland bleiben eher optimistisch
Die neue Shell-Jugendstudie zeigt ein differenziertes Bild der jungen Leute in Deutschland. Trotz Krisen und Ängsten vertraut die Mehrheit auf Staat und Demokratie – und blickt optimistisch in die Zukunft. Ein nicht unerheblicher Teil ist aber politikverdrossen. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.
„Abwarten wäre der falsche Weg“
Extremwetter wie Hurrikan Milton werden durch den Klimawandel häufiger. Forscher Reto Knutti fordert staatliches Handeln zur Meisterung der Krise.
Deutscher Klimatag: Breites Bündnis fordert Klimaschutz für ein modernes Land
Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl stellt die Klima-Allianz Deutschland auf dem Deutschen Klimatag ihre Forderungen für eine sozial gerechte Klimapolitik vor. Diese und die nächste Bundesregierung müssen Zukunftsinvestitionen sichern, Kommunen bei der Umsetzung vor Ort unterstützen und den Investitionsstau in der Verkehrsinfrastruktur überwinden. Der Deutsche Klimatag findet in Berlin unter dem Motto „Stärken, was uns verbindet” statt.
Dazu Christoph Bals, Sprecher der Klima-Allianz Deutschland und Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, stellt fest: „Unsere Städte und Gemeinden setzen die Energie-, Wärme- und Mobilitätswende vor Ort um. Jedoch sind Sie derzeit nicht angemessen personell und finanziell dafür ausgestattet. Gelingt Klimaschutz in der Kommune, wird sein Mehrwert für alle Bürgerinnen und Bürger erlebbar. Wir fordern Bund und Länder auf, eine neue Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz- und Klimaanpassung einzurichten, um den Kommunen gemeinsam und unbürokratisch ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Zentrale Klimaschutzaufgaben sollten in Verbindung mit der neuen Finanzausstattung als kommunale Pflichtaufgaben eingeführt werden. Zentral ist dabei die Verpflichtung zur Erstellung und Umsetzung sektorübergreifender Klimaschutz- und Anpassungskonzepte.”
Brandl: „Sehr bedauerlich, dass der Gemeindetag aus der Klima-Allianz ausgeschlossen wurde“
„Ich kann nicht verstehen, warum Herr Glauber uns aus der Klima-Allianz ausgeschlossen hat“, so Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl. „Wir hatten lediglich darum gebeten, dass uns vor Unterzeichnung des bayerischen Klimaneutralitätsziels 2040 ein konkreter Umsetzungspfad aufgezeigt wird“. Als Verantwortlicher für die Wärmeplanung, die nach dem Bundesgesetz auf das Jahr 2045 ausgerichtet ist, müsse man wissen, wie die vorgezogene Dekarbonisierung im Wärmesektor, gerade auch finanziell, in Bayern bewerkstelligt werden soll.
Bibliotheksverband warnt vor finanziellen Kürzungen
Angesichts angespannter Haushalte hat der Deutsche Bibliotheksverband die Kommunen vor finanziellen Kürzungen bei öffentlichen Büchereien gewarnt.
Familien: Studie: Rund 306.000 Betreuungsplätze für Kleinkinder fehlen
Viele Eltern kleiner Kinder wünschen sich einen Krippenplatz – doch häufig ist es schwierig, einen zu finden. Besonders in Westdeutschland bleibt die Lage einer neuen Studie zufolge sehr angespannt.
Folgen der Greensill-Pleite:Vaterstetten geht leer aus
Die Gemeinde hatte einen Finanzvermittler auf Schadenersatz verklagt, scheitert aber in letzter Instanz.
Tiktok-User löst Ansturm auf Kleinstadt aus: Warum wollen alle nach Castrop-Rauxel?
Die Kleinstadt Castrop-Rauxel aus dem Ruhrgebiet gehört nicht wirklich zu den sehenswertesten Städten Deutschlands. Dabei behaupten immer mehr User:innen auf der Plattform TikTok das Gegenteil. Wie ein Influencer Castrop-Rauxel ein Image verpasst hat.
Den Förderdschungel lichten
Die Förderprogramme des Bundes für Kommunen sind vielfältig und umfassend. Sie betreffen unterschiedliche Bereiche wie Infrastruktur, Digitalisierung, Klimaschutz, Energie und Soziales. Die Programme erstrecken sich über mehrere Ressorts mit ganz unterschiedlichen Anforderungen. Auch die Höhe der bereitgestellten Mittel variiert jährlich, abhängig von politischen Prioritäten und der Haushaltsplanung. Die Gesamtsumme, die der Bund jährlich für kommunale Förderprogramme bereitstellt, bewegt sich im Milliarden Bereich. So hat der Bund beispielsweise für die Städtebauförderung 2023 790 Millionen € bereitgestellt, die in verschiedene Programme wie lebendige Zentren, sozialer Zusammenhalt und Wachstum und nachhaltige Erneuerung aufgeteilt sind.
Der Digitalpakt Schule, der von 2019 bis 2024 läuft und über dessen Verlängerung gerade gerungen wird, umfasst 5 Milliarden €. Für die Breitbandförderung hat der Bund für den Ausbau von schnellem Internet insgesamt über 12 Milliarden € bereitgestellt.
Über die nationale Klimaschutzinitiative wurden seit 2008 und 1,07 Milliarden € für kommunale Klimaschutzprojekte ausgegeben. Für den Bereich Sportstätten stellt der Bund von 2020 bis 2024 600 Millionen € zur Verfügung.
Bürokratie abbauen
Kommunen wirkungsvoller unterstützen
Insgesamt gibt es mehr als 100 Förderprogramme, die sich direkt oder indirekt an die Kommunen richten. Für die Städte und Gemeinden ist es schwierig, das mögliche Potenzial für Projekte vor Ort tatsächlich zu überschauen und sich darauf auszurichten.
Die Voraussetzungen, die Inhalte, die Höhe des Eigenanteils, das Antragsverfahren und die Umsetzungszeit sind völlig unterschiedlich, und häufig ohne gezielte Förderberatung kaum zu bewältigen. Förderberatung gibt es nicht zum Nulltarif. Gerade besonders finanzschwache Kommunen, die am ehesten Hilfe benötigen, können sich das unter Umständen nicht leisten.
Es wäre daher sinnvoll, die Fördersysteme zu vereinheitlichen, möglichst an einer Stelle oder einem Ministerium zu konzentrieren, und gleichzeitig die Förderbürokratie auf das Notwendigste zu reduzieren. Auch eine einheitliche Wirkungskontrolle: was hat die Förderung tatsächlich gebracht, muss sie verstärkt, anders ausgerichtet werden, oder kann sie sogar wegfallen wäre notwendig. Das würde natürlich die Profilierungsmöglichkeit einzelner Ministerien reduzieren. Die Ziele der Förderung würden aber besser erreicht, richtig digitalisiert, könnte es auch schneller gehen und am Ende wäre die Hilfe auch für die Bürgerinnen und Bürger besser sichtbar und den Kommunen wirkungsvoller geholfen. (Gerd Landsberg)
Idee gegen Kneipen-Sterben – Gastronom im öffentlichen Dienst
Viele Schänken im Unstrut-Hainich-Kreis sind geschlossen. Um dem etwas entgegenzusetzen, könnte ein Wirt als Angestellter der Gemeinde das Bier-Zapfen übernehmen, sagt Südeichsfeld Bürgermeister Andreas Henning.
Neues aus den Kommunalen Spitzenverbänden
DST: Wärmewende: „Müssen gesamte Energieinfrastruktur im großen Stil anfassen“
DStGB: Krankenhausreform sorgt nicht für finanzielle Stabilität
DLT: Länder müssen Krankenhausreform im Bundesrat stoppen
StGBSA: Studie zur finanziellen Beteiligung nach § 6 EEG
StRLP: Kommunale Spitzenverbände zum Landeshaushalt 2025/2026
Kopf der Woche: Volker Meyer tritt Amt als Landrat von Diepholz an
Buch der Woche: Die Entscheidung von Jens Bisky
Als im Oktober 1929 Gustav Stresemann, der erfolgreiche Außenminister, starb, fragten sich die Zeitgenossen, wie es nun mit der Republik weitergehen könne. Gerade formierte sich eine faschistische Koalition, die 1933 an die Macht kam; Bauern warfen Bomben, die öffentlichen Haushalte litten unter wachsenden Defiziten, bald schien das parlamentarische System gelähmt. Demokratische Republik oder faschistischer Staat – so lautete ab dem Sommer 1930 die Alternative.
Was folgte – der Aufstieg radikaler Kräfte, die Pulverisierung der bürgerlichen Milieus, der Aufruhr der Mittelschichten, die Selbstüberschätzung der Konservativen und Nationalisten, die sich einbildeten, Hitler zähmen zu können, Verelendung und Bürgerkriegsfurcht -, mündete in die verbrecherischste Diktatur des 20. Jahrhunderts. Jens Bisky erzählt, wie die Weimarer Republik in einem Wirbel aus Not und Erbitterung zerstört wurde. Es kommen Politiker und Journalisten der Zeit zu Wort, erschöpfte Sozialdemokraten, ratlose Liberale, nationalistische Desperados, Literaten, Juristen, Offiziere. Wie nahmen sie die Situation wahr? Welche Möglichkeiten hatten sie? – Das große Panorama einer extremen Zeit, die noch immer ihre Schatten auf die Gegenwart wirft.
Zahl der Woche: 27 Minuten am Tag lesen Menschen in Deutschland im Schnitt (destatis)
Chatbot der Woche: Gesundheitsamt Landkreis Wittenberg
Tweet der Woche: Deutscher Städtetag
„Vielfalt ist das, was unsere Städte ausmacht“. Die Städtetagsspitze – die Oberbürgermeister/innen @LeweMarkus, @katjadoerner & Burkhard Jung – nimmt Stellung zum angekündigten Rücktritt von Silvio Witt, Oberbürgermeister von Neubrandenburg.
Zu guter Letzt: Fünfjähriger ruft Polizei, weil er bei Videospiel Hilfe braucht
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Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche.
Ihr Franz-Reinhard Habbel